Der bundesweite Trend der Zunahme der pflegebedürftigen Bevölkerung spiegelt sich im Großraum Braunschweig deutlich wider. So werden aktuell bereits mehr als 20.000 vorwiegend ältere und multimorbide Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen der Altenpflege versorgt. Als Auswirkung des demografischen Wandels wird der Anteil der Pflegebedürftigen stetig steigen. Diese Entwicklung und eine Zuspitzung des Fachkräftemangels in der Altenpflege, erschweren die Sicherstellung einer angemessenen und qualifizierten Versorgung der Pflegebedürftigen. Die Übernahme administrativer Routinetätigkeiten wie bspw. Kontroll- und Dokumentationsaufgaben verkürzen zusätzlich die ohnehin sehr knapp bemessene persönliche Zeit für die einzelnen Bewohner*innen. Folglich steigt die Gefahr einer ungenügenden Versorgungsqualität zum Leid der Bewohner*innen.
Im Rahmen der Einführung des Strukturmodells zur Modifizierung des Pflegeprozesses und der Pflegedokumentation, wurden deshalb fünf miteinander korrespondierende Phänomene als zentrale Kriterien der stationären Versorgung konsentiert. Diese waren unter anderem Dekubitus, Sturz und ungewollter Gewichtsverlust. Ein Dekubitus ist mit starken Einschränkungen und Leiden physischer, sozialer und psychologscher Art sowie einer deutlichen Reduktion der gesundheitsbezogenen Lebensqualität verbunden. Ein Sturz bringt im hohen Alter sowohl eine enorme Einschränkung der Lebensqualität als auch ein gesteigertes Mortalitätsrisiko mit sich. Der ungewollte Gewichtsverlust wird häufig nicht rechtzeitig erkannt und beeinträchtigt negativ den Zustand der Bewohner*innen. Neben dem geschilderten persönlichen Leid der Bewohner*innen, der erheblichen finanziellen Belastung der Kranken- und Sozialkassen resultiert aus der Gesamtsituation auch eine hohe Arbeitsunzufriedenheit der Pflegefachkräfte.
Unter dem Synonym Pflege 4.0 wird die Digitalisierung und Vernetzung der Pflege beschrieben. Die Einführung digitaler Assistenzsysteme (dAS) eröffnet der Pflege substanzielle Unterstützung in vielen Bereichen ihrer Arbeit. Dennoch ist ein flächendeckender Einsatz, der digitalen Assistenzsysteme nicht erkennbar.
Die Umsetzung des Forschungsprojektes erfolgt durch eine Einführung moderner, mit Sensoren ausgestatteter Pflegebetten. Diese Betten übermitteln relevante Informationen an eine Software. Es erfolgt ein Abgleich mit dem individuellen, pflegerischen und medizinischen Risikoassessment des Bewohners oder der Bewohnerin. Bei Handlungsbedarf wird die Pflegekraft vom System informiert bzw. in einer Gefahrensituation alarmiert. Für die Pflegenden verringern sich die Routine- und Kontrollarbeiten, was zu einer Reduktion der Arbeitsbelastung führt und mehr Zeit für die Pflegearbeit ermöglicht. Die dAS als innovative Komponente der Pflegearbeit, verbinden Vernetzung mit qualifizierter Pflegearbeit zur Steigerung der Lebensqualität der Bewohner*innen und Entlastung des Pflegefachpersonals.
Das vom Europäischen Sozialfonds geförderte Projekt OPAL verflogt mit seinem innovativen Forschungsansatz, der partizipativen Einführung digitaler Assistenzsysteme, drei wesentliche Ziele zur Verbesserung der Daseinsfürsorge:
- Die Verbesserung der Qualität der Versorgung in Bezug auf die drei zentralen Qualitätskriterien Dekubitus, Sturz und ungewollter Gewichtsverlust.
- Die Verbesserung der Zufriedenheit und Lebensqualität der Bewohner*innen.
- Die Erhöhung der Arbeitseffektivität und Zufriedenheit des Pflegefachpersonals.
Bei einer positiven Gesamtevaluation der Forschungsergebnisse eignet sich der Versorgungsansatz für eine Überführung in die Regelversorgung.