Eine gute Feedback Kultur ist für agile Prozesse von zentraler Bedeutung. Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe:
Kontinuierliche Verbesserung durch Iteration:
Feedback ermöglicht es agilenTeams, ihre Produkte oder Dienstleistungen fortlaufend zu verbessern, indem sie auf das Feedback von Nutzern, Stakeholdern und Teammitgliedern reagieren.
Frühzeitiges Erkennen von Problemen:
Durch das regelmäßige Einholen von Feedback können Probleme oder Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie größere Auswirkungen haben.
Anpassungsfähigkeit:
Feedback hilft dabei, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. In einer komplexen, mehrperspektivischen und nicht vollständig planbaren Umgebung können sich Anforderungen und Rahmenbedingungen rasch ändern. Durch regelmäßiges Feedback können Teams relevante Änderungen frühzeitig erkennen und entsprechend anpassen.
Nutzerzentrierung:
Bei der agile Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung stehen die Nutzer/Kunden im Mittelpunkt. Durch direktes und regelmäßiges Feedback von Nutzern/Kunden können Produkte genau an deren Bedürfnisse angepasst werden.
Förderung von Kommunikation und Transparenz:
Regelmäßige Feedback- Phasen (z.B. im Rahmen von Reviews oder Retrospektiven) fördern offene Kommunikation und Transparenz innerhalb des Teams. Diese offene Kommunikation hilft, Missverständnisse und Konflikte zu minimieren und unterstützt das Team dabei, effektiv zu arbeiten/lernen.
Lernen und Entwicklung:
Feedback ermöglicht es Einzelpersonen und Teams, aus Fehlern zu lernen und Fähigkeiten und Prozesse kontinuierlich zu entwickeln. Das Lernen aus Rückmeldungen trägt zur persönlichen Entwicklung und zur Steigerung der Teamleistung bei.
In der agilen Lehre wird Feedback daher gezielt eingesetzt, um Reflexionen über Lernprozesse sowohl individuell bei den einzelnen Studierenden als auch innerhalb studentischer Teams anzustoßen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können (inspect and adapt).
Auch Lehrende können von regelmäßigen Feedbackphasen profitieren. So gewinnen sie mehr Transparenz über den Lernstand der Studierenden, können frühzeitig auf Herausforderungen reagieren und z.B. durch Anleitung, Beratung oder Moderation von Gruppenprozessen darauf reagieren oder Anpassungen ihrer Lehrveranstaltung vornehmen.
Warum ist Feedback für Lernende/Studierende wichtig? [2]
- starker Einfluss zur Verbesserung der Lernleistung
- Förderung der Selbstreflexion, Motivation und des Leistungspotentials
- Chance zur persönlichen Weiterentwicklung
- Sensibilität für eigenes und fremdes Erleben sowie Verhalten (Selbst- und Fremdwahrnehmung)
- Stärken-Schwächen-Profil bewusstmachen
Feedback – Definition und Abgrenzung
Feedback umfasst verschiedene Arten von Rückmeldung zwischen verschiedenen Akteur*innen. Durch Feedback erfolgt eine Reaktion auf vorangegangene Verhaltensweisen. Der Begriff ist dabei von der Beurteilung zu distanzieren, da Feedback Beobachtungen, Wahrnehmungen oder Verbesserungsmöglichkeiten hervorheben soll.
Eine Reflexion beschreibt die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten, der eigenen Wahrnehmung oder den eigenen Gedanken. Hieraus können sich neue Erkenntnisse für das Individuum durch die kritische Selbstbetrachtung ergeben.
Kritik meint die Beurteilung von zuvor geprüften Dingen oder Verhaltensweisen und Leistungen eines Menschen, die subjektiv oder objektiv ausfallen können. Kritik ist oft negativ behaftet, wobei sie stets eine Verbesserung zum Ziel hat. [1]
Feedbackregeln
Feedbackregeln [3] helfen dabei Feedback auf wertschätzende Art zu geben. Diese Regeln eignen sich sowohl für Feedback durch die Lehrperson als auch gegenseitiges Feedback der Studierenden:
- Klare Formulierung, auf konkrete und aktuelle Situation beziehen
- Verwendung von „Ich-Aussagen“
- Vermeidung von „Du-“ oder „Man-Aussagen“
- positive und konstruktive Rückmeldungen geben
- beschreiben, nicht bewerten
- ehrlich und authentisch, aber nicht verletzend sein
- eigene Motive für Feedback hinterfragen
- Nachfragen ermöglichen: Wie ist das Feedback angekommen?
Zusatzinfo:
Auch kann es hilfreich sein, sich bei Feedbackprozessen an der in agilen Prozessen häufig genutzte „Oberste Direktive“[4] zu orientieren:
„Wir gehen davon aus, dass alle Beteiligten das Beste getan haben, was sie zu jenem Zeitpunkt vor dem Hintergrund ihres Wissens, ihrer Fähigkeiten, der vorhandenen Ressourcen und der gegebenen Situation tun konnten.“
Hier einige Beispielformulierungen für Feedbacks…
…um Studierende um Stellungnahme zu bitten:
- „Welche Ziele verfolgen Sie aktuell?“
- „Welche Strategien haben Sie bisher angewendet?“
- „Wie verläuft bei Ihnen bis jetzt die Lösungsfindung?“
- „Welche Herausforderungen haben Sie bereits gemeistert und woran arbeiten sie gerade?“
…um weitere Tätigkeiten zu erfragen:
- „Was denken Sie, wären die nächsten Schritte?“
- „Wie können Sie noch besser vorankommen?“
… um die eigene Wahrnehmung auszudrücken:
- „Ich beobachte/mir ist aufgefallen, dass …“
- „Ich habe wahrgenommen, dass…“
- „Ich habe gesehen/gehört…“
… um zu beschreiben, welche Wirkung ein Handeln etc. hat:
- „Das hat auf mich folgenden Eindruck gemacht: …“
- „Das wirkt auf mich, als ob…“
- „Ich habe an mir wahrgenommen…“
- „Das hat bei mir ausgelöst…“
…um einen Wunsch zu formulieren:
- „Ich würde mir wünschen, dass…“
- „Das könnte ich mir für die Zukunft vorstellen…“[3]
Literatur:
[1] Definitionen sind im Rahmen für das AGGIT-Projekts entstanden
[2] vgl. Hattie 2014, Dainton 2018, Gerpott 2006; Bungard 2005
[3] vgl. Antons 1992, Fengler 2009
[4] Norman L. Kerth, Project Retrospectives: A Handbook for Team Reviews, Dorset House Publishing, 2001.