Feedback in agiler Lehre geben

Abb. 1: Feedback (Grafik von Patricia Hein erstellt für das Projekt „Agile Methoden in digitalen Lehrveranstaltungen“ (AGGIT)“ lizenziert unter CC BY-NC-ND (4.0))

In der agilen Lehre wird Feedback gezielt eingesetzt, um Reflexionen über Lernprozesse sowohl individuell als auch innerhalb studentischer Teams anzustoßen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können (inspect and adapt).

Auch Lehrende können von regelmäßigen Feedbackphasen profitieren. So gewinnen sie im Allgemeinen mehr Transparenz zum Lernstand der Studierenden und können frühzeitig Anpassungen in ihrer Lehrveranstaltung vornehmen, um auf Herausforderungen zu reagieren. Gerade in Gruppenphasen wird die Anleitung, Beratung oder Moderation der Studierenden durch Feedback stark verbessert.

Feedback – Definition und Abgrenzung

Feedback umfasst verschiedene Arten von Rückmeldung zwischen verschiedenen Akteur*innen. Durch Feedback erfolgt eine Reaktion auf vorangegangene Verhaltensweisen. Der Begriff ist dabei streng von der Beurteilung zu distanzieren, da Feedback Beobachtungen, Wahrnehmungen oder Verbesserungsmöglichkeiten hervorheben soll.

Eine Reflexion beschreibt die bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten, der eigenen Wahrnehmung oder den eigenen Gedanken. Hieraus können sich neue Erkenntnisse für das Individuum durch die kritische Selbstbetrachtung ergeben.

Kritik meint die Beurteilung von zuvor geprüften Dingen oder Verhaltensweisen und Leistungen eines Menschen, die subjektiv oder objektiv ausfallen können. Kritik ist oft negativ behaftet, wobei sie stets eine Verbesserung zum Ziel hat. [1]

Eine gute Feedback-Kultur ist folglich notwendiger Teil agiler Rahmenwerke und für agile Prozesse insgesamt von zentraler Bedeutung. Sie drückt sich zusammenfassend in folgenden positiven Einflüssen aus [2]:

Besseres Lernen und Fehler-Bereitschaft:
Feedback hat einen starken Einfluss auf den Lernfortschritt und die Lernmotivation. Es ermöglicht Einzelpersonen und Teams, aus Fehlern zu lernen und Fähigkeiten und Prozesse kontinuierlich zu entwickeln. Lernen kann nicht ohne Fehlschläge passieren und auch in Projekten wird es immer wieder zu Rückschlägen kommen. Diese aktiv in den Lern- und Arbeitsprozess einzubinden, trägt zur Steigerung von Teamleistungen und individuellen Lernfortschritten bei.

Förderung von Kommunikation und Transparenz:
Regelmäßige Feedback-Phasen (z.B. im Rahmen von Reviews oder Retrospektiven) fördern offene Kommunikation und Transparenz innerhalb eines Teams oder in einer Lehrveranstaltung. Diese offene Kommunikation regt alle Teilnehmenden zur Selbstreflexion an und schafft Sensibilität für Fremdwahrnehmungen. Dies hilft, Missverständnisse und Konflikte zu minimieren.

Kontinuierliche Verbesserung durch Iteration:
Feedback ermöglicht es Individuen und agilen Teams, ihre Lernprozesse und Produkte (z. B. in Projektarbeiten) fortlaufend zu verbessern, indem sie auf das Feedback von Dozierenden, Nutzer*innen, Stakeholder*innen und Teammitgliedern reagieren und ihre Arbeitsweise immer wieder anpassen.

Frühzeitiges Erkennen von Problemen:
Durch das regelmäßige Einholen von Feedback können Probleme, Fehlentwicklungen und Schwachstellen in der Teamarbeit frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie größere Auswirkungen haben.

Anpassungsfähigkeit:
Feedback hilft somit auch dabei, flexibel auf äußere Veränderungen zu reagieren. In einer komplexen, mehrperspektivischen und nicht vollständig planbaren Umgebung können sich Anforderungen und Rahmenbedingungen rasch ändern. Durch regelmäßiges Feedback können Teams relevante Änderungen frühzeitig erkennen und entsprechend anpassen.

Nutzerzentrierung:
Bei der agilen Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung in der Wirtschaft stehen die Nutzer/Kunden im Mittelpunkt. Durch direktes und regelmäßiges Feedback von Nutzern/Kunden können Produkte genau an deren Bedürfnisse angepasst werden. Studierende lernen also, äußere Anforderungen gezielter in ihre Arbeit einzubeziehen.


Feedbackregeln

Feedbackregeln [3] helfen dabei, Feedback auf wertschätzende Art zu geben. Diese Regeln eignen sich sowohl für Feedback durch die Lehrperson als auch für gegenseitiges Feedback der Studierenden:

  • Klare Formulierung, auf konkrete und aktuelle Situation beziehen
  • Verwendung von „Ich-Aussagen“
  • Vermeidung von „Du-“ oder „Man-Aussagen“
  • Positive und konstruktive Rückmeldungen geben
  • Beschreiben, nicht bewerten
  • Ehrlich und authentisch, aber nicht verletzend sein
  • Eigene Motive für Feedback hinterfragen
  • Nachfragen ermöglichen: Wie ist das Feedback angekommen?

Zusatzinfo:
Es kann auch hilfreich sein, sich an der „Obersten Direktive“ [4] zu orientieren, die in agilen Prozessen häufig genutzt wird:

„Wir gehen davon aus, dass alle Beteiligten das Beste getan haben, was sie zu jenem Zeitpunkt vor dem Hintergrund ihres Wissens, ihrer Fähigkeiten, der vorhandenen Ressourcen und der gegebenen Situation tun konnten.“

Abb. 2: Feedbackgespäch (Grafik von Andrea Bode erstellt für das Projekt „Agile Methoden in digitalen Lehrveranstaltungen“ (AGGIT)“ lizenziert unter CC BY-NC-ND (4.0))

Hier einige Feedback-Beispielformulierungen [3]:

um Studierende um Stellungnahme zu bitten:
  • Welche Ziele verfolgen Sie aktuell?“
  • „Welche Strategien haben Sie bisher angewendet?“
  • „Wie verläuft bei Ihnen bis jetzt die Lösungsfindung?“
  • „Welche Herausforderungen haben Sie bereits gemeistert und woran arbeiten sie gerade?“  
…um weitere Tätigkeiten zu erfragen:
  • „Was denken Sie, wären die nächsten Schritte?“
  • „Wie können Sie noch besser vorankommen?“
… um die eigene Wahrnehmung auszudrücken:
  • Ich beobachte/mir ist aufgefallen, dass …“
  • „Ich habe wahrgenommen, dass…“
  • „Ich habe gesehen/gehört…“
… um zu beschreiben, welche Wirkung ein Handeln etc. hat:
  • „Das hat auf mich folgenden Eindruck gemacht: …“
  • „Das wirkt auf mich, als ob…“
  • „Ich habe an mir wahrgenommen…“
  • „Das hat bei mir ausgelöst…“  
…um einen Wunsch zu formulieren:
  • „Ich würde mir wünschen, dass…“
  • „Das könnte ich mir für die Zukunft vorstellen…

Literatur:

[1] Definitionen sind im Rahmen für das AGGIT-Projekts entstanden

[2] vgl. Hattie 2014, Dainton 2018, Gerpott 2006; Bungard 2005

[3] vgl. Antons 1992, Fengler 2009

[4] Norman L. Kerth, Project Retrospectives: A Handbook for Team Reviews, Dorset House Publishing, 2001.