6 Hüte – 6 Thinking Hats

Abb. 1: 6 Denkhüte (Grafik von Franziska Krause erstellt für das Projekt „Agile Methoden in digitalen Lehrveranstaltungen“ (AGGIT)“ lizenziert unter CC BY-NC-ND (4.0))

Die 6 Hüte- oder six-thinking-hats-Methode wurde 1986 von Edward de Bono zur Förderung kreativer Gruppendiskussionen entwickelt. Die Studierenden nehmen innerhalb eines gemeinsamen Diskurses unterschiedliche Rollen mit vorgegebenen Blickwinkeln ein, welche durch verschiedenfarbige Hüte gekennzeichnet sind. Die Perspektiven, welche die einzelnen „Hüte“ repräsentieren, sind vorgegeben.

Der Perspektivwechsel bzw. die Betrachtung von Problemstellungen oder Ideen aus unterschiedlichen Perspektiven ermöglicht den Studierenden, neue Lösungswege zu finden und/oder Entscheidungen zu treffen, die auf einer umfassenden Argumentationsbasis beruhen. Die Methode kann daher gut für Brainstormings oder Diskussionsformate genutzt werden.

Nutzen und Mehrwert für den Lehr-/Lernprozess

  • Betrachtung komplexer Fragestellungen oder Ideen aus unterschiedlichen Perspektiven
  • Anleitung zu Gruppendiskussionen
  • Unterstützung von kreativen Gruppendiskussionen

Vorbereitung

Die Problem- oder Fragestellung beziehungsweise Idee, die die Studierenden diskutieren sollen, wird derart vorbereitet, dass die Studierenden im Vorfeld die Möglichkeit erhalten, ein ausreichend tiefes Verständnis der zu behandelnden Thematik zu erlangen. Dies dient als Grundlage, um die verschiedenen Perspektiven einnehmen und in der Diskussion vertreten zu können. Es empfiehlt sich, in der Lehrveranstaltung Zeit einzuplanen, um den Studierenden die „Hüte“ und ihre Blickwinkel zu erklären. Zur visuellen Unterstützung kann hierbei auch das Handout Six Thinking Hats genutzt und den Studierenden digital zur Verfügung gestellt werden (z. B. über Moodle oder einem Whiteboard).

Durchführung um digitalen Lehr-/Lernsetting

Zu Beginn wird das Problem, die Frage oder die zu diskutierende Idee vorgestellt. Die Studierenden nehmen eine (zufällig) bestimmte Denkrichtung ein, indem sie sich „einen bestimmten Hut aufsetzen“ und sich einige Zeit in die Rolle eindenken. Die eingenommenen Rollen werden im Verlauf der Diskussion beibehalten. Alternativ können die Rollen auch nach einer bestimmten Zeit (z. B. nach 15 Min.) nach Absprache mit dem moderierenden blauen Hut gewechselt oder durch Kleingruppen verkörpert werden.

Die an der Diskussion beteiligten Studierenden schalten ihre Videokameras ein. Bei Bedarf können weitere Studierende als Zuhörer oder Beobachter teilnehmen. Diese Personen nehmen dann mit ausgeschalteter Kamera an der Diskussion teil. Auch wäre es möglich, alle Studierenden des Kurses in Kleingruppen von 6 Personen aufzuteilen, so dass in jeder Gruppe jede Denkrichtung vertreten ist und in Breakout-Räumen ihre Diskussionen führen zu lassen.

Die Studierenden diskutieren nun über die Problem- oder Fragestellung bzw. die Idee miteinander und versuchen dabei aus ihrer zugeteilten Rolle bzw. Perspektive heraus Argumente zu finden.

Die „6 Hüte“ beinhalten folgende Sichtweisen:
  • Weiß – objektive, neutrale und analytische Sichtweise

In dieser Rolle beschäftigen sich Studierende nur mit bekannten Daten und Fakten, vermeiden eine subjektive Sicht, kennen die Anforderungen, bewerten nicht und weisen auf fehlende Informationen hin.

  • Rot – subjektive, emotionale Sichtweise

Bei der subjektiven, emotionalen Sichtweise stehen die eigenen positiven und negativen Gefühle sowie die subjektive Meinung im Vordergrund. Studierende, die diese Rolle einnehmen, lassen sich von ihren Emotionen leiten – auch wenn diese widersprüchlich sind –  und folgen ihrer Intuition. Die Beiträge in dieser Rolle werden weder begründet noch durch die Gruppe beurteilt.

  • Schwarz – pessimistische, kritische, skeptische Sichtweise

In dieser Rolle stehen pessimistische Kritik, Ängste, Risiken, Einwände und negative objektive Argumente im Fokus. Es werden Probleme, Zweifel, Bedenken und Skepsis geteilt. Dadurch können, besonders von den Träger*innen dieser Rolle, Problemstellungen und Schwachstellen gezielt herausgearbeitet werden.

  • Gelb – optimistische, vorteils- und chancenorientierte Sichtweise

Studierende, die den gelben Hut aufhaben, sammeln positive Argumente, die Chancen und Vorteile aufzeigen. Besonders hilfreich ist diese Rolle, wenn Situationen ausweglos oder schwierig erscheinen.

  • Grün – innovative, kreative und assoziative Sichtweise

In dieser Rolle sollen möglichst viele neue Ideen beigetragen werden. Studierende, die den grünen Hut aufhaben, versuchen sich von den Ideen der anderen inspirieren zu lassen, Variationen oder Ergänzungen für bereits bestehende Ideen zu finden oder neue Ideen einzuwerfen. Dabei ist es egal, ob die Ideen verrückt oder unrealistisch sind.

  • Blau – strukturierende, moderierende, überblickende Sichtweise

Diese Rolle führt in den Denkprozess ein, nimmt nicht aktiv an Diskussionen teil und fasst die Ergebnisse am Ende zusammen. Studierende, die diesen Hut tragen sind die moderierende Person der Diskussion. Daneben wird diese Rolle angesprochen, wenn eine studierende Person die Rolle wechseln möchte. Studierende mit dem blauen Hut haben die Aufgabe, das Gesagte zu strukturieren, zu ordnen und zu moderieren, sodass der Überblick behalten werden kann. Dazu wird der aktuelle Stand im Prozess und Entscheidungen auf einer Meta-Ebene durch diese Rolle immer wieder transparent dargestellt.  

Online im Videokonferenzsystem Big Blue Button (release-2.12.3) können die Vertreter*innen der einzelnen Rollen sich in ihrem Status z. B. mit folgenden Symbolen kennzeichnen:

Abb. 2: Big Blue Button Status für 6 Denkhüte (Grafik von Franziska Krause erstellt für das Projekt „Agile Methoden in digitalen Lehrveranstaltungen“ (AGGIT)“ lizenziert unter CC BY-NC-ND (4.0))

Alternativ überlegen sich die Studierenden eine Kennzeichnung, die über ihr Videobild sichtbar für die anderen Teilnehmenden ist. Dies kann bspw. ein Schal oder eine Mütze in der entsprechenden Farbe sein. Hierfür kann auch die Faltanleitung für die Denkhüte genutzt werden. Alternativ können auch Zettel mit entsprechender Farben gewählt werden, die sichtbar an die Kleidung angebracht werden.

In einigen Videokonferenzsystemen bietet sich eine Umbenennung der Teilnehmenden nach ihren jeweiligen Rollen an.

Weitere Informationen/ergänzende Hinweise

Hilfreich ist die Festlegung eines Zeitraums, wie lange die Diskussion maximal dauern soll. Diese Zeit sollte klar kommuniziert werden. Auch kann es hilfreich sein, bereits im Vorhinein zu klären, ob, wie und nach welcher Zeitspanne (z. B. nach 15 Minuten) die Hüte getauscht werden.

Sind die Gruppenmitglieder sehr heterogen, empfiehlt sich eine Moderation durch die Lehrperson, damit einzelne Blickwinkel nicht überbetont werden. Die moderierende Person kann dabei zunächst die Position des blauen Hutes übernehmen. Für die Moderation der Diskussion durch Lehrende empfiehlt es sich darüber hinaus, wenn die Studierenden die Hand heben, um einen Beitrag anzukündigen, damit diese aufgerufen werden können. Wenn ein digitales Whiteboard genutzt wird, können die einzelnen Argumente der Diskussion auf passend farbigen digitalen Haftnotizen vermerkt werden, um die Diskussion zu dokumentieren.

Werden einzelne Rollen durch Kleingruppen übernommen, kann es sinnvoll sein, dass diese Kleingruppen ihre Argumente für die Diskussion vorab in Breakout-Räumen zusammentragen und absprechen, wer die Gruppe in der Diskussion vertreten wird.

Hier gibt es das Methodenblatt als Download:

Für welches Rahmenwerk/welche Phase eignet sich die Methode?

Tipps und Tricks:

Diese Methode kann auch für eine Einzelarbeit genutzt werden, in dem Studierende das Thema nacheinander aus den verschiedenen Perspektiven der Hüte betrachten und die jeweiligen Argumente aufschreiben.

Wenn einzelne Rollen/Hüte durch Kleingruppen vertreten werden, können im digitalen Setting alle, die an der Diskussion teilnehmen, ihr Video einschalten und nach ihrer Ablösung durch ein Teammitglied derselben Rollenzugehörigkeit ihr Video wieder ausschalten.

Alternative Methoden:

Unterstützende/ ergänzende/ darauf aufbauende Methoden:

Hinweise zur Umsetzung in Präsenz:

Die einzelnen Rollen können z.B. durch Gegenstände, Buttons oder Tischschilder in entsprechenden Farben visualisert werden.

Digitale Tools, die diese Methode unterstützen:

  • Videokonferenzsystem
  • digitales Whiteboard

Material für die digitale Umsetzung:

  • Visualisierung der Frage-/Problem-/Aufgabenstellung oder Idee, die diskutiert werden soll
  • Beschreibung der „Hüte“ bzw. Rollen (Handout)

Ideale Gruppengröße:

Mindestens 5 Studierende oder Gruppengrößen, die sich auf 5 bzw. 6 Hüte aufteilen lassen (je nachdem, ob die moderierende Person den blauen Hut übernimmt)


Literatur

Reinold, D. (2016). Six Thinking Hats. Abrufbar unter: https://www.projektmagazin.de/methoden/six-thinking-hats [08.05.2023]

Zec, M. (2020). Die 6 Denkhüte von De Bono. Abrufbar unter: https://kreativitätstechniken.info/ideen-generieren/die-6-denkhute-von-de-bono/ [08.05.2023]

Weiterführende Literatur

Reimann, G.; Eber, M.; Schön, S. (Hrsg.) (2013). Hochschuldidaktik im Zeichen von Heterogenität und Vielfalt. Doppelschrift für Peter Baumgartner und Rolf Schulmeister. Norderstedt: Book on Demand.

Kobelt Neuhaus, D.; Pesch, L. (2015). Methodenbuch zum Situationsansatz. Planungsschritte in der Praxis umsetzen. Freiburg/Basel/Wien: Herder.