Design Thinking ist ein nutzerzentrierter systemischer Ansatz, um komplexe Probleme zu lösen und innovative Ideen zu entwickeln. In Bildungsinstitutionen kann Design Thinking vor allem dort eingesetzt werden, wo die Lernenden projektbezogen oder problembasiert lernen sollen oder sie im Rahmen der Lehre Ideen oder Prototypen für Produkte, Dienstleistungen, Prozessabläufe oder ähnliches entwickeln sollen. Die Gestaltung von Lehrveranstaltungen mit Design Thinking bietet neben dem Erlernen von anwendungsbezogenem oder transferorientiertem Wissen auch die Möglichkeit, die Weiterentwicklung von Schlüsselqualifikationen wie beispielsweise kollaborative Teamarbeit, Selbstorganisation oder Problemlösefähigkeit zu stärken.
Als Rahmenwerk für Lehre bietet Design Thinking zur Strukturierung des (Lern-)Prozesses ein in sechs Phasen gegliedertes Vorgehen. Dieses ist zielgerichtet und trotzdem zugleich (ergebnis-)offen gestaltet. Es schafft dadurch Raum für innovatives und kreatives Denken.
Die Studierenden arbeiten in festen Teams. Sie setzen innerhalb eines durch die Lehrenden vordefinierten Themen-/Lernfeldes oder Problemraums eigene Schwerpunkte und entwickeln und erproben eigene Lösungswege. (Hier finden sie mehr Informationen zur Bildung von Studierendenteams.)
Der Ablauf des Design Thinkings in der Lehre
Am Anfang des Design Thinking wird von den Lehrenden eine Design Challenge als Aufgabenstellung formuliert. Die Design Challenge definiert das Lern-/Problemfeld, das durch den Design Thinking Prozess gelöst werden soll. Sie kann prinzipiell jedes Themenfeld behandeln.
Der anschließende Design Thinking Prozess wird von Studierenden in Teams von ca. 4–6 Mitgliedern bearbeitet und gliedert sich in sechs Phasen (Abbildung 1). Design Thinking setzt dabei eine klare Trennung zwischen Problemraum und Lösungsraum. Die Studierenden beschäftigen sich im Problemraum zuerst mit der (möglichst umfassenden) Analyse des gesamten Lern-/Problemfelds, wählen dann aber für den Lösungsraum einen konkreten Teilaspekt aus, mit dem sie sich intensiv auseinander setzen und für den sie eine Lösung finden möchten.
Im Verlauf des Design Thinking Prozesses wird so die anfangs allgemein gehaltene Aufgabenstellung, welche den gesamten Problemraum umfasste, von den Studierendengruppen/Teams im Hinblick auf den für sie zentralen Aspekt bzw. ein von ihnen gewählte spezifische Problem innerhalb des Problemraums konkretisiert.
In den ersten drei Phasen wird zunächst der Problemraum erkundet:
Das Team entwickelt ein gemeinsames Verständnis für das Themenfeld/das Problem/die Aufgabe und damit einen gemeinsamen Ausgangspunkt für die Bearbeitung der Design Challenge. In dieser Phase besteht die Möglichkeit für die Lehrenden, unterstützende Materialien zum Thema der Lehrveranstaltung einzubringen bzw. von den Studierenden bearbeiten zu lassen, um so eine theoretische Basis für die anschließende praktische Auseinandersetzung mit dem Thema zu schaffen.
Anschließend werden jene Akteure, die vom Themenkomplex der Aufgabe betroffen sind oder zur Lösung der Design Challenge beitragen könnten (Stakeholder), zur Informationsgewinnung einbezogen. Hierzu führen die Studierenden beispielsweise Interviews, Beobachtungen oder Methoden der Selbsterfahrungen (z. B. teilnehmende Beobachtung, Immersion…) durch.
Phase 3 (Standpunkt definieren):
Die in den beiden vorangegangenen Phasen gewonnenen Informationen und Erkenntnisse werden von den Studierenden zusammengetragen, aufbereitet, analysiert und strukturiert. Das Team wählt einen für die Teammitglieder besonders wichtigen Teilaspekt des Problem-/Themenfeld aus, mit der es sich im Folgenden intensiv auseinandersetzen möchte und konkretisiert so die Design Challenge.
Diese konkretisierte Design Challenge gilt es fortan in den drei Phasen, die dem Lösungsraum zugeordnet werden, zu lösen:
Das Team sammelt eine Vielzahl von Ideen bzw. Lösungsmöglichkeiten für das gewählte Teilproblem und einigt sich dann auf einen Lösungsweg, den es umsetzen möchte.
Das Team macht diese Lösung in Form von Prototypen erlebbar. Je nach Anwendungsgebiet, Fachrichtung, Lernziel oder Format der Lehrveranstaltung sind hier sehr unterschiedliche Arten von Prototypen (z. B. Skizzen, physische Modelle, Rollenspiele etc.) denkbar.
Das Team testet den entwickelten Prototypen und holt Feedback bei den potentiellen Nutzenden ein.
Ist nach Abschluss des Prozesses die Design Challenge nicht zufriedenstellend bearbeitet oder sollen weitere Nutzer*innenbedürfnisse einbezogen oder Teilprobleme gelöst werden, wird der Prozess so lange wiederholt (iteratives Vorgehen), bis eine Idee entwickelt wurde, die den Kern der Nutzer*innenbedürfnisse trifft.
Im Kontext von Lehre kann auf diese Iterationen auch verzichtet werden und ein erster Prototyp als Endprodukt des Lernprozesses dienen bzw. präsentiert werden, sofern dies besser zu den zeitlichen Rahmenbedingungen oder dem Erfahrungsgrad der Studierenden passt.