LSP und Lerntheorie

Die Funktionalität von LSP in bestimmten Lern-Kontexten lässt sich durch eine Reihe von theoretischen Ansätzen erklären.

Konstruktionismus:

Die Theorie des Konstruktionismus wurde von Seymour Papert entwickelt und baut auf den Ideen von Piagets Konstruktivismus auf. Zentral ist hierbei die Idee, dass Wissen bzw. kognitive Modelle durch externe, situierte Kontexte grundiert werden und Lernprozesse somit in einem Austausch mit der Welt stehen. Menschen lernen dann am nachhaltigsten, wenn sie beim Denken etwas Konkretes erschaffen, über das anschließend reflektiert werden kann. Wissen wird also konstruiert und pragmatisch erworben. Für die Lehre hat dies folgende Konsequenzen: Die Dozierenden können den Studierenden nicht einfach Wissen „übertragen“, sondern müssen sich auf einen interaktiven, medien-basierten Lern- und Kommunikationsprozess einstellen, in dem Letztere die präsentierten Informationen auf Grundlage ihrer lebensweltlichen Erfahrung interpretieren müssen und auch Lern-Resistenzen mit sich bringen.

LSP nutzt diesen lebensweltlichen Bezug der Wissenskonstruktion. Indem physische Modelle gebaut werden, wird ein konkreter, individueller Bezug zwischen Studierenden und der Idee hergestellt. Wissen wird hier nicht in einem formalen Prozess übertragen, sondern durch die Studierenden selbst situativ konstruiert.

Quelle: Seymour Papert: Mindstorms. Children, Computer and Powerful Ideas. Basic Books, New York, 1980.

Metaphern:

Nach Lakoff & Johnson wird Sprache und menschliche Kognition im Allgemeinen durch Metaphern strukturiert. Metaphern sind also nicht bloß ein sprachliches „Ornament“, sondern eine notwendige kognitive Struktur in der Wissenskonstruktion. LSP zielt daher darauf ab, physische Metaphern zu konstruieren, um einen Inhalt oder eine Fragestellung zu verstehen. Indem Studierende Modelle bauen und diesen metaphorische Bedeutungen zuweisen, machen sie ihre individuellen Konzepte sichtbar und verhandelbar. Zugleich erleichtert dies die intersubjektive Aushandlung von Bedeutung: Da einzelne Konzepte sichtbar gemacht werden, können diese durch die Modelle und ihre metaphorischen Zuweisungen in einen gemeinsame Interpretationsraum eintreten und zu einer geteilten Wissenskonstruktion beitragen. Dadurch werden auch Mehrdeutigkeiten und alternative Perspektiven thematisierbar – eine Voraussetzungen für tiefes, transferfähiges Lernen in der Hochschullehre.

Quelle: George Lakoff und Mark Johnson: Metaphors we live by. University of Chicago Press, Chicago, 2003.

IKEA-Effekt:

Im LSP findet der sogenannte IKEA-Effekt Anwendung, nach dem Menschen eine stärkere emotionale Verbindung zu Objekten (und auch Ideen) aufbauen, wenn sie diese selbst erschaffen haben. Indem Studierende sich im LSP eigenständig Konzepte durch das Bauen erarbeiten, entsteht ein Gefühl der Autorschaft und Kompetenz, das ihre intrinsische Motivation zur aktiven Auseinandersetzung mit der Fragestellung stärkt. Die erhöhte Wertschätzung der Modelle führt dazu, dass Studierende ihre gedanklichen Konstrukte nicht nur verteidigen, sondern auch vertiefend reflektieren und iterative Verbesserungen vornehmen wollen. Der IKEA-Effekt steigert somit das emotionale Commitment der Studierenden für Inhalte und fördert so die Generierung von nachhaltigem Tiefen-Wissen.

Quelle: Michael Norton, Daniel Mochon und Dan Ariely: The IKEA effect: When labor leads to love. Journal of Consumer Psychology, 22: 453-460.

Flow-Theorie:

Ein Gefühl des Flow kann sich nach Mihaly Csikszentmihalyi einstellen, wenn eine Herausforderung bearbeitet wird, die fordert, aber nicht überfordert. Während einer LSP-Veranstaltung können die Studierenden in einen Flow eintauchen, da sie durch den zeitlichen Druck der Bauaufträge angeregt werden, ihre Kreativität auszureizen aber nicht mehr zu leisten als sie können. Die flexible Natur von LSP ermöglicht es den Studierenden, die Erfolgskriterien eines Bauauftrags selbst zu bestimmen und generiert somit ein Gefühl der Autonomie und Kompetenz. Wenn die Studierenden in einem Zustand des Flows sind, können sie das Gefühl für Zeit verlieren und sich vollständig in die Aufgabe vertiefen. Der Flow kann dadurch zu einer tiefen und nachhaltigen Lernerfahrung führen.

Quelle: Mihalyi Csikszentmihalyi: Kreativität. Wie Sie das Unmögliche schaffen und Ihre Grenzen überwinden. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 1997.

Cognitive Load Theory:

Laut der Cognitive Load Theory ist die kognitive Belastung, die im Lernen erlebt wird, ein essentieller Teil des Lernprozesses. Wenn die kognitive Belastung zu hoch ist, kann eine Überforderung erfolgen, was zu einer Verringerung des Lernerfolgs führt. Sie darf allerdings auch nicht zu niedrig sein und somit unterfordern. Die LSP-Methodik soll helfen, die kognitive Belastung auf dem einem fordernden Level zu halten und zu strukturieren. Da die Verwendung des Materials schnell intuitiv wird (durch das Skill-Building), wird hier die Belastung reduziert und es können mehr Kapazitäten für die Bearbeitung der inhaltlichen Fragestellung aufgebracht werden.

Quelle: Jan L. Plass, Roxana Moreno und Roland Brünken (Hrsg.): Cognitive Load Theory. Cambridge University Press, Cambridge, 2010.