Wie lassen sich Bauaufträge und Reflexionsfragen formulieren? – Konkret, Kreativ, Kommunikativ

Bauaufträge sind das zentrale Strukturelement des LSP-Kern-Prozesses und formulieren die Problemstellungen, die von den Studierenden bearbeitet werden. Durch sie wird die Veranstaltung inhaltlich an den gewählten Lernzielen ausgerichtet. Die Bearbeitung der Bauaufträge soll also dazu führen, dass sich die Studierenden eigenständig und reflektiert mit den Inhalten auseinandersetzen oder bestimmte Kompetenzen entwickeln.

Die Bauaufträge sollten sinnvoll auf das Lernziel hinführen (entsprechend des Constructive Alignments), möglichst präzise und klar sowie sprachlich leicht verständlich sein. Gute Bauaufträge fördern eine konkrete Auseinandersetzung mit einem abstrakten Problem, bieten aber genug Spielraum, um kreative Antworten und strukturierte Kommunikation über das Thema zu gewährleisten. 

Die Formulierung von guten Bauaufträgen erfordert Übung und Vorbereitung.


Beispielszenario:

Es soll eine Veranstaltung zum Thema „Nachhaltige Mobilität“ durchgeführt werden. Es handelt sich um eine Einführungsveranstaltung für fachfremde Studierende, die zwar grundlegend mit Begriffen der Mobilität und Nachhaltigkeit vertraut sind aber kein Expert*innenwissen besitzen. Lernziel der Veranstaltung ist eine differenzierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Dimensionen der nachhaltigen Mobilität in unserer Gesellschaft (z. B. ökonomische, ökologische, soziale Faktoren). LSP soll dabei am Ende der Veranstaltung zum Einsatz kommen, um die verschiedenen Erkenntnisse der Veranstaltung in einen holistischen Zusammenhang zu bringen.

Strukturell sollte sich nun am Gruppenmodell orientiert werden, denn dies ist die Baustufe, in der die Studierenden ein gemeinsames Verständnis der Thematik entwickeln. Der Bauauftrag der Einzelmodelle muss daher so formuliert werden, dass die Ergebnisse für das Gruppenmodell nutzbar sind. Die Bauaufträge könnten so aussehen:

Einzelmodell: „Baue ein Modell eines Faktors, der Mobilität in unserer Gesellschaft beeinflusst.“

Gruppenmodell: „Baut gemeinsam ein Modell einer Gesellschaft, in der Mobilität nachhaltig strukturiert ist.“

In diesem Beispiel werden die Studierenden angeregt, über eine gesellschaftliche Transformation nachzudenken und ihr erworbenes Wissen in eine gemeinsame Zukunftsvision einzuarbeiten.

Anschließend kann ein Systemmodell folgen, in dem das Gruppenmodell erweitert wird. Hier müssen zunächst wieder Einzelmodelle gebaut werden:

Einzelmodelle für das Systemmodell: „Baut ein Modell eines Einflussfaktors, der einer Gesellschaft, in der Mobilität nachhaltig strukturiert ist, entgegen steht.“

Systemmodell: „Verbindet gemeinsam die Einflussfaktoren mit eurem Modell der nachhaltigen Mobilität in der Gesellschaft.“


Reflexionsfragen sind ein weiteres Strukturelement und dienen der Fokussierung der gemeinsamen Auseinandersetzung über die konstruierten Modelle. Hierbei kann durch die genaue Formulierung der Frage nach dem Bauen und Teilen der Modelle eine erneute Ausrichtung auf das Lernziel erreicht werden. Reflexionsfragen müssen allerdings situativer behandelt werden als Bauaufträge. Sie müssen an die Ergebnisse der Bauphasen (die teiloffen sind) angepasst werden, damit ein sinnvoller Rückbezug auf das Lernziel erfolgen kann. Diese Flexibilität kann unterstützend vorbereitet werden, indem potentielle Ergebnisse, Schwierigkeiten oder Denkrichtungen der Studierenden antizipiert werden und darauf aufbauend eine Reihe von Fragen formuliert werden, von denen nur eine Auswahl gestellt wird. Die Reflexion kann auch dazu dienen Übergänge von einer Baustufe zur Nächsten zu erleichtern. Als Lehrperson sollte sich zur Formulierung von Reflexionsfragen also daran orientiert werden, worüber die Studierenden von den Ergebnissen der Bauphase ausgehend nachdenken sollten, um das Lernziel zu erreichen.

Im vorigen Szenario könnten z. B. folgende Reflexionsfragen sinnvoll sein:

Einzelmodelle:

  • „Könnt ihr verschiedene Kategorien von Faktoren in euren Modellen erkennen?“

Gruppenmodell:

  • „Gibt es wichtige Aspekte nachhaltiger Mobilität, die in eurem Modell nicht berücksichtigt werden?“
  • „Seid ihr mit dem Modell, dass ihr konstruiert habt, zufrieden?“
  • „Können bestimmte Elemente entfernt werden, ohne die Bedeutung des Modells zu verändern?“

Systemmodell:

  • „Erkennt ihr holistische Zusammenhänge, die euch vorher unklar waren?“
  • „Gibt es Aspekte des Modells, die euch überraschen?“
  • „Müssen bestimmte Aspekte nachhaltiger Mobilität stärker in den Fokus genommen werden?“